
Kostümanprobe vor dem Fest
Impressionen vom Kivelingsfest 1999
"Nach monatelanger harter Arbeit habe ich die Foto-CD endlich fertig bekommen. Ich hoffe, daß ihr viel Spaß damit habt und sie euch an die schönen Momente des Festes erinnern. Anregungen zur Verbesserung, Verwünschungen oder Danksagungen bitte an mich." Euer Daniel Friedrich (12.04.2000)
Teile der Foto-CD (Fotos und Texte) sind für diese Internetseite (Kivelingsfest 1999) verwendet worden.

Zeitungsartikel:
1. Auf dem Lingener Marktplatz treiben wilde Gesellen ihr Unwesen
Mützetaufe bei den Kivelingen - Kinder werden zu Rittern ausgebildet
Es ist 22 Uhr an einem Samstagabend. Auf dem Marktplatz in Lingen treiben wilde Gesellen ihr Unwesen. Ein Hexer tanzt aufgeregt um ein Lagerfeuer. Wer nun glaubt einer Fata-Morgana aufgesessen zu sein oder bereits zuviel Bier getrunken zu haben, irrt gewaltig. Mützentaufe ist angesagt. Bei wem? Natürlich bei den Kivelingen der Sektion Feldherr Spinola.
Zweimal im Jahr finden diese Feiern statt, und die Anwärter auf Mitgliedschaft müssen sich einer Aufgabe stellen, die ihnen zwei Stunden vorher mitgeteilt wird. In diesem Fall als Hexer verkleidet auf dem Lingener Marktplatz zu tanzen. "Es reicht nicht, nur Bier trinken zu können, sondern bei uns ist auch Organisationsvermögen und Mut gefragt", sagt Sektionsoffizier Andreas Lager. Erst dann würden die Hospitanten in den Kreis der gestandenen Kivelinge aufgenommen und dürften ihre Mütze tragen.
Bereits seit dem zweiten Weltkrieg gibt es die Sektion "Feldherr Spinola", die allerdings aufgrund schwindener Mitgliedszahlen Anfang der 70er 1977 neu gegründet werden musste. Heute gibt es 20 Aktive und drei Hospitanten die nichts sehnlicher herbeiwünschen, als endlich in den erlauchten Kreis der Bürgersöhne aufgenommen zu werden. "Allein seit dem letzten Fest haben wir 15 neue Mitglieder dazugewinnen können", freut sich denn auch der Sektionsoffizier. Apropos Fest: "Wir sind schon seit Wochen dabei, die Taverne des Feldherrn Spinola für das Kivelingsfest stilgerecht nachzubauen", berichtet Andreas Lager. Gerade weil die Sektion über keine nennenswerten Barmittel verfüge, viele der "Spinolisten" sind noch in der Ausbildung, sei man darauf angewiesen, alles selbst zu bauen. "Da kommt es natürlich darauf an, daß sich keiner verdrückt und man Hand in Hand arbeitet".
Aber nicht nur weil das Fest unmittelbar bevorsteht treffen sich die Bürgersöhne des "Feldherrn Spinola" regelmäßig. "Ein ganz besonderer Schwerpunkt unserer Sektion ist der Aufbau eines eigenen Fanfarenchores", erzählt der Sektionsoffizier. Vier neue Fanfaren und Trommeln konnten bereits im letzten Jahr aus eigener Anstrengung gekauft werden, und so habe man unter anderem bei den Wachwechseln, dem Neujahrsempfang der Stadt Lingen und der Thronvorstellung musikalische Highlights setzen können. Getroffen wird sich einmal im Monat im Kolpinghaus. Wer Interesse hat, sich bei den Spinolisten als Hospitant einzureihen, um auch einmal Feldherrenluft zu schnuppern, kann sich bei Andreas Lager unter der Telefonnummer 0172/8717605 über die Sektion erkundigen.
Der nächste Absatz ist nur wegen der Vollständigkeit aufgeführt, aber ungekürzt:
Wer kennt ihn nicht, den Pulverturm. Ein unübersehbares Wahrzeichen der Stadt Lingen und ein Geschenk der "Welfen" an die Kommune anno 1961. Auch heute noch steht die alte Festungsanlage im Mittelpunkt der Sektion, die, 1954 gegründet, zu den ältesten im Kivelingsverein gehört. "Auch in diesem Jahr steht der Pulverturm wieder im Mittelpunkt des Festes, weil sich unmittelbar davor das diesjährige Geschenk der Kivelinge an die Stadt Lingen befindet", schwärmt Frank Wilken. Seit "eh und je" werde der Turm von den Welfen gehegt und gepflegt und stünde bei Festen und im Rahmen von Stadtführungen den Bürgern und Besuchern Lingens offen. Beim diesjährigen Kivelingsfest stehe neben der Schmiede- und Blumenbindekunst insbesondere die Ausbildung von "Kindern zu Rittern" im Vordergrund. Was man sich darunter vorzustellen hat, ist und bleibt noch ein Geheimnis der Welfen. Daneben wird am Pfingstsamstag und -sonnstag ein Ritterbankett dargeboten.
Doch damit nicht genug: Die Feiern wollen in diesem Jahr kein Ende nehmen. Da die Welfen noch im Juli ihr 45jähriges Jubiläum feiern, ist auch nach dem Kivelingsfest noch keine Ruhepause in Sicht. Über 100 Altwelfen wollen mit den Aktiven der Sektion und den Marketenderinnen über die gute alte Zeit und Zukünftiges reden. Kontaktperson bei den "Welfen" ist Frank Wilken, Telefon: 0591/4585.

2. Grußwort
"Die Kivelinge pflegen das traditionelle Kulturgut"
Im Namen des Rates und der Verwaltung der Stadt Lingen (Ems) begrüßen wir alle Besucher des
Kivelingsfestes 1999. Das Programm dieses Traditionsfestes zeigt schon jetzt, daß alle viel Freude
in diesen Tagen erleben können.
Seitens der Stadt Lingen (Ems) freuen wir uns sehr, daß die Popularität der Kivelinge wächst.
Diese Entwicklung bringt die starke Identität junger Menschen mit ihrer Heimatstadt zum Ausdruck.
Die Pflege traditionellen Kultutguts aus der Region vermittelt allen das Gefühl der
Zusammengehörigkeit sowie der Verbundenheit mit der Heimat.
Seit einiger Zeit stellt sich die Stadt auf Touristikmessen, Prospekten, im Internet und in
überregionalen Anzeigen unter dem Motto "Lingen - Stadt der Kivelinge" vor. Dies ist Ausdruck
einer engen und guten Zusammenarbeit zwischen dem Bürgersöhne-Aufzug zu Lingen (Ems) und
unserer Stadt, welche wir auch in Zukunft fortsetzen möchten.
Das diesjährige Kivelingsfest wird allen Bürgerinnen und Bürgern sowie den zahlreichen Gästen ein
schönes Volksfest bereiten. Die Vorbereitung und Durchführung dafür erfordern enorme Mühe und
Zeit. Wir bedanken uns hierfür ganz herzlich im Namen des Rates und der Verwaltung der Stadt
Lingen (Ems) und hoffen, daß das Kivelingsfest 1999 zu einem unvergeßlichen Ereignis wird.
Ursula Ramelow Oberbürgermeisterin Karl-Heinz Vehring Oberstadtdirektor

3. Viele Sehenswürdigkeiten in Lingen gehen auf Stiftungen der Kivelinge zurück
Die Geschenke haben eine lange Tradition
In einer Pflasterarbeit am historischen Pulverturm wird die "Feste Lingen" dargestellt. Seit vielen Jahren ist es Tradition, daß die Kivelinge anläßlich des Kivelingsfestes alle drei Jahre der Stadt und ihren Bürgern ein Geschenk machen. Getreu der Satzung des Bürgersöhne-Aufzuges, sich für das Wohl der Stadt uns ihrer Bürger einzusetzen, bereichern heute viele Geschenke der Kivelinge die Innenstadt und auch die Einrichtungen der Stadt Lingen. Das Geschenk der Kivelinge im Jahr 1999 an die Stadt Lingen ist eine aufwendige Pflasterarbeit, die die endgültige Ausbaustufe der "Feste Lingen" während der zweiten spanischen Zeit nach 1605 darstellt. Das Kunstwerk, ein farblich strukturiertes Natursteinpflaster, haben die Kivelinge mit Unterstützung des Berufs- und Technologie-Zentrums Lingen auf der Basis eines alten Stiches realisiert. Bewundern kann man die rund 50 Quadratmeter große Arbeit auf dem historischen Gelände am Pulverturm, einem der letzten Zeugnisse der Lingener Stadtgeschichte.
Im letzten Jahr ist ein künstlerisch gestalteter Wegweiser gestiftet worden, der seinen Platz an der Ecke des Hauses Brackmann hat. Von dort zeigt er den Gästen Lingens den Weg zu verschiedenen touristischen Sehenswürdigkeiten im Innenstadtbereich. Einige dieser Attraktionen sind im übrigen auch Geschenke der Kivelinge aus früheren Jahren. Die Bürgermeisterkette war 1949 das erste Geschenk der Nachkriegszeit. Es folgte 1952 das Glockenspiel im Türmchen des historischen Rathauses. 1958 wurden die Leuchter links und rechts vom Eingang angebracht. Der "architektonische Mittelpunkt" der Stadt war dann erst wieder 1981 Gegenstand einer Geschenkidee. Mit einer neuen Uhr, deren zeiger die Formen von Hellebarden aufweisen sollte Rat und Verwaltung allzeit gezeigt werden, was die Glocke geschlagen hat.
Inzwischen gehörten 1961 der Machuriusbogen und der Pulverturm zu den Geschenken. 1964 wurde das alte Bürgerhaus aus dem Jahr 1583 erworben. Den Standort der drei Stadttore dokumentieren seit 1990 drei Bronzereliefplatten in der Fußgängerzone. Weitere Geschenke waren der Landsknecht, der Machuriusbrunnen und einige Büsten von "geistigen Größen" der Stadt. Aber auch die Gestaltung von Kinderspielplätzen und Grünanlagen gehört zu den Stiftungen der Kivelinge.

4. Die Stadt kann stolz auf ihre Kivelinge sein
Mittelalterliches Spektakel lockte Pfingsten Tausende an - Frohsinn wirkte ansteckend - Sonne wichtiger Gast
Stadtfeste gibt es wie Sand am Meer, doch ein Kivelingsfest ist einmalig und unverwechselbar. Die Stadt kann stolz sein auf die unverheirateten Bürgersöhne der Stadt, die als Kivelinge alle drei Jahre ein mittelalterliches Spektakel auf die Beine stellen. Einmalig ist das Spektakel an den Pfingsttagen vor allem deshalb, weil das mittelalterliche Brimborium auf dem Marktplatz nicht von irgendwelchen für viele Taler "gemieteten" Gauklern gestaltet wird, sondern von den jungen Leuten aus Lingen selbst, und das in monatelanger ebenso liebe- wie mühevoller Vorarbeit.
Die hatte sich gelohnt, wie die bereits am Pfingstsamstag pünktlich zur Eröffnung um 10 Uhr zahlreich auf dem Marktplatz versammelten Bürger dokumentierten. Am Sontag war der Besucherandrang noch größer; es war eine Abstimmung mit den Füßen, die den Dank der Bevölkerung für das Engagement der Kivelinge nicht besser hätte ausdrücken können. Als Kommandeur Thomas Diepenbrock das Fest auf der Treppe des Historischen Rathauses eröffnete und die "Bürger, Bauern, Knechte, Vasallen und Mägde" willkommen hieß, stellte sich auch der wichtigste Gast an diesen Pfingsttagen hoch oben über dem Marktplatz ein:
die Sonne verlieh dem farbenprächtigen Geschehen unter ihr erst den richtigen Glanz. Das Kaiserwetter war dann auch so recht nach dem Wunsch der Königin Sabine Deeken und den Ehrenpaaren Christin Mross und Matthias Abeln (Prinz von Oranien) sowie Melanie Haar und Andreas Jörgens (Fättmännkes Noahdriever). Begleitet von Trommelwirbeln des Landsknechtfanfarenzuges Hagen zog die Wachsektion Schreckensteiner mit Kanonendonner und ihrem Wachleutnant Ingo Thill an der Spitze zum Haus der "Königinmutter" in die Castellstraße, um den Thron abzuholen. Während der König sofort vor die Tür trat, ließ ihre Lieblichkeit noch etwas auf sich warten. "Sie kämpft noch mit dem Kleid", hatte Christoph Otten Verständnis für Sabine Deeken. Deren Auftritt ein paar Sekunden später in prächtigem Kostüm und mit kunstvoller Frisur löste dann aber beifälliges Gemurmel bei der Wachsektion aus.
Vor dem Café Lobenberg hatte die Königssektion Fättmännkes Noahdriever den Thron aufgebaut. Er bot einen prunkvollen Rahmen für die mittelalterliche Kulisse im Bereich des Marktplatzes. Dort kamen die kleinen und großen Besucher des Kivelingsfestes bei einem Rundgang aus dem Staunen nicht mehr heraus, was die zwölf Sektionen der Kivelinge und die mit ihnen befreundeten Bürgerstützen unter dem Motto "Lingen als Marktflecken im 16. Jahrhundert" alles auf die Beine gestellt hatten.
Nicht nur die Erwachsenen, sondern auch die Kinder kamen bei dem mittelalterlichen Treiben auf ihre Kosten. Für ein paar Groschen oder Silberlinge konnten die Jungen und Mädchen auf einem muskelbetriebenen Karussell ein paar Runden drehen, beim Bogenschießen ihre Treffsicherheit testen und auf der Pferdebahn den Rittern aus der Vergangenheit nacheifern. Die etwas größeren Besucher konnten unter anderem ihrer Herzdame beim Hau den Lukas die eigenen Kräfte unter Beweis stellen, wobei manche bisweilen den Beweis schuldig blieben und mehr auf "innere Werte" verwiesen.
Angesichts einer schier unübersehbare Programmfülle war jenes aufwendig gestaltete Faltblatt sehr hilfreich, das den Besucher mit einem genauen Lageplan der einzelnen Sektionen und deren Aktivitäten die Orientierung erleichterte. Und wer des vielen Laufens müde war, der konnte sich den Sänftenträgern der Sektion De Spökenkieker anvertrauen und sich durch das Getümmel rollen lassen. Letzteres war nach einem ausgiebigen Genuß der unzähligen Köstlichkeiten in fester und flüssiger Form auf dem Kivelingsfest ohnehin anzuraten. Von leichten Salaten bis zum deftigen Spanferkel, vom "Quellwasser im Becher" bis zum "Gebrannten aus Kräutern" reichten die Gaumenfreuden. Dies alles konnten die Gäste des Kivelingsfestes unter urigen Stroh- und Zeltdächern verzehren oder direkt in einer der selbst gezimmerten Holzhütten - wie etwa in der Taverne der Sektion Feldherr Spinola. "Ein halbes Jahr haben wir an der Holzbude gebaut", berichtete Kiveling Andreas Lager.
Das Engagement der jungen Leute in den Sektionen für "ihre" Stadt Lingen ist es denn auch, was dieses Kivelingsfest an der Jahrtausendwende wieder zu einem besonderen Ereignis machte. Die Begeisterung der - noch - unverheirateten Bürgersöhne , von ihren Freundinnen (Marketenderinnen) tatkräftig unterstützt, sprang auf die vielen tausend Gäste aus Lingen und der weiteren Umgebung über. Die durch das Volksfest ausgedrückte Verbundenheit der Kivelinge für ihre Stadt wirkte einfach ansteckend. Ein Beispiel war die "öffentliche Befragung" der Sektion Emspiraten. Die Frage nach dem Namen des Kommandeurs der Kivelinge, Thomas Diepenbrock, beantwortete dort ein Besucher "wie aus der Kanone geschossen". Der informierte Gast war kein gebürtiger Lingener, wohnt erst seit ein paar jahren in der Emsstadt. Daß er sich dort längst heimisch fühlt, ist auch jenen jungen Bürgersöhne zu verdanken, die sich und ihren Gästen ein unvergeßliches Pfingstwochenende bereiteten.

Blick auf den Marktplatz